Interview
Mareike Roth
Mareike Roth: HOCH E
„Als Kreative besteht unser Job auch darin, mit Ungewissheit umzugehen“, reflektiert Mareike Roth im Blick auf die Pandemie. Und: „Die Krise hat sich eigentlich nicht wie eine Krise angefühlt.“ Obwohl das schon ein Schock war, als im März 2020 einige größere Aufträge von Hoch E einfach storniert wurden. Weil sie „nicht wussten, was weiter passieren wird”, ging das Team in „moderatem Ausmaß” in Kurzarbeit. „Krise hört sich für mich nach ausgeliefert sein an. Wir haben uns aber relativ schnell gefragt: Wie gehen wir jetzt damit um? Wie planen wir für die nächsten Monate? Und wir haben dann sehr schnell angefangen, zu handeln.“
Das 2012 gegründete Unternehmen Hoch E hat seine Wurzeln in der Designforschung. Eine Leidenschaft der Gründer*innen und Industriedesigern*innen Mareike Roth und Oliver Saiz ist die Frage: Wie können wir Produkte so gestalten, dass die Bedürfnisse und Erwartungen der Menschen auch emotional erfüllt werden? Das aktuell fünfköpfige Team unterstützt dabei sowohl im Design von Produkten (Design Works) als auch in der Strategie (Strategy Lab).
- Veränderte Haltung
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„Wir sind in uns gegangen und haben uns mental auf die Couch gelegt.“ Beschreibt Mareike ihr „ins Handeln kommen“. Dabei ging es um die Besinnung auf eigene Werte und um Fragen wie: Was macht uns aus? Warum machen wir, was wir machen? Der Sinn des Unternehmens im weitesten Sinne – aber eben nicht „Marketing-lastig“. Stattdessen bezogen sie sich auf die einzelnen Personen.
Für Hoch E führte das zur Rückbesinnung auf Dinge, die ihnen früher wichtig waren: Vorträge halten etwa, oder Methoden entwickeln. Davon wieder mehr zu machen, erschien als sehr attraktiv. „Das veränderte unsere Haltung zur Krise und wir konnten uns positiv weiterentwickeln. So gesehen hat die Krise auch viel Gutes für uns gehabt“, sagt Mareike. „Das sollte man ja eigentlich auch machen, ohne eine Krise. Das geht aber nur, wenn ich mit meiner Energie nicht ständig am Limit bin!“
- Bestehende Bindungen und ehrliches Interesse
- „Uns hat die Beschäftigung mit den veränderten Bedingungen auch schnell zur Frage geführt, wo wir bei unseren Partner*innen, also unseren Auftraggeber*innen, Anstöße geben können. Denn die waren ja auch von der Krise betroffen, manchmal sogar viel mehr als wir. Wir fragten uns: Wie können wir zur Seite stehen und durch unsere Denkweise kreative Lösungen anbieten?“ Dabei sei es günstig gewesen, ohne eigene Absichten auf bestehende Bindung aufzubauen. „Es hat einen Unterschied gemacht, dass wir uns ehrlich dafür interessiert haben, wie es den anderen geht. Ein Auftrag war uns an der Stelle nicht wichtig.“
- Die Rolle des Zufalls? 40 bis 50 Prozent
- „Ich würde sagen die Rolle des Zufalls beim Erfolg liegt bei etwa 40 bis 50 Prozent. Aber aus Zufall wird nur dann Glück, wenn ich etwas dafür getan habe. Jeder Kontakt, jedes Gespräch, jede Begegnung ist wie ein Aussäen. Es kommen nach Jahren Dinge zurück, mit denen man nie gerechnet hat. Weshalb, bleibt meistens im Verborgenen. Ich halt’ für wichtig, jede zufällige Begegnung als Chance zu begreifen, die man bewusst nutzen kann oder nicht.“
- Sicherheit durch Rücklagen
- „Auch wenn es Einbrüche gab, wir haben immer gewusst: Das Jahr schaffen wir schon.“ Dazu trugen nicht nur staatliche Unterstützungen bei, sondern vor allem die Rücklagen von Hoch E. „Mein Mitgründer kommt aus dem Schwabenland und ich brauche das auch, um beruhigt zu schlafen“, erklärt Mareike. Zu wissen, man schaffe das schon, gibt viel Ruhe und Sicherheit.
- Kennenlernen und nach vorne denken
- „Wir haben uns als Team viel besser kennengelernt“, sagt Mareike, „und das, was uns wichtig ist“. Konkret haben sich die Kreativunternehmer*innen an eine größere Überarbeitung ihres Buches und des internen Toolkits gesetzt. Aber es sind auch Denkanstöße entstanden, wie man sich breiter aufstellen kann für den Fall, dass zum Beispiel eine ganze Kund*innengruppe wegbricht. Auch beim Gedanken über passives Einkommen ist man einen gehörigen Schritt weitergekommen.
- Plan B – und C und D
- Die Rückbesinnung hat bei Mareike und Team auf jeden Fall dazu geführt, dass sie stärker auf die Dinge vertrauen, von denen sie herkommen: Methoden entwickeln, Vorträge halten. Aber auch auf die Art und Weise, wie sie mit einer Krise umgehen. „Auf diese Erfahrungen können wir bauen und das gibt mir das Gefühl von Freiheit. Dass wir einfach einmal durchdacht haben, was ist, wenn wir das jetzt nicht so weitermachen können. Und dann feststellen konnten: Das ist überhaupt kein Thema; dann machen wir halt etwas anderes, schreiben am Buch weiter oder machen eigene Produkte oder setzen eine der anderen vielen Ideen um. Man setzt sich hin und überlegt: Was kann ich? Und was kann ich beitragen? Aber auch: Was macht uns eigentlich sonst noch so Spaß? Diese Freiheit zu haben, macht mich sehr dankbar!“