Interview
Ana Angel
Ana Angel: monströös
„Es war eigentlich schon alles da – wir haben nur das weggetan, was wir nicht mehr machen wollten.“ Ana Angel ist eine der sieben Gründer*innen von monströös. Das 2D-Animationsstudio produziert heute Videos und grafischen Content für Institute und NGOs, die wissenschaftlich oder sozial arbeiten. Es geht dabei immer darum, dass Menschen erreicht oder sogar mobilisiert werden. Doch was hat monströös weggelassen? „Werbung zum Beispiel: Das ist schlecht bezahlt und wir haben uns immer schlecht gefühlt, wenn wir es gemacht haben. Jetzt sagen wir: Wenn etwas schlecht bezahlt ist, dann muss es zumindest Sinn machen.” Weggelassen habe monströös auch schlecht bezahlte Anfragen und Projekte, “die weder unser Portfolio bereichern, noch unsere Werte repräsentieren". Und auch solche Anfragen, die nicht in die Kategorie Wissensvermittlung fallen.“
- Mit Corona war alles anders
- „Das sind wir jetzt.“ Betont Ana und erklärt die neue, wählerische Positionierung mit Fokus auf Wissenschaft und Soziales. „Vor Corona haben wir auch viel anderes gemacht. Wir sagten: Egal, Hauptsache es ist verträglich mit unseren Werten und braucht unsere Handschrift.“ Und dann kam Corona und das Geschäft stand von einem Tag auf den nächsten still. „Kunden haben gewartet und überlegt, ob sie ihr Geld nicht besser für etwas anderes ausgeben sollen als für Videos.“ Was tun, wenn alle Aufträge wegbrechen? „Zuerst dachten wir: ein Bisschen Geld ist besser als gar kein Geld. Wir haben jeden Auftrag angenommen. Das war ein paar Monate sehr anstrengend und super viel Arbeit für wenig Geld.“
- Fokussieren und aussortieren
- Die sieben Gründer*innen ziehen sich jeden Oktober für drei Tage für ein Visions-Treffen in ein Haus zurück. „Das war sonst immer sehr entspannt.“ erzählt Ana. „Aber im ersten Corona-Jahr war es ganz anders. Jede*r hat in der Krise andere Bedürfnisse und wir hatten Streit. Wir haben dann aber herumgesponnen, was alles möglich ist – buchstäblich vom animierten Porno bis nur mehr Dingen für die Wissenschaftler*innen. Das war weit und sehr chaotisch. Aber es hat sich das daraus ergeben, was wir heute machen. Und das ist ganz klar definiert. Wir haben dafür Parameter. Heute wissen wir zum Beispiel: Werbung für sinnlose Sachen machen wir einfach nicht.“ Es war hart, eigene Vorstellungen aufzugeben – aber dann wurde es gut. Ana sagt, jede*r könne immer noch seinen eigenen Lieblingsprojekten nachgehen, Musikvideos zum Beispiel.
- Einfach mal ausprobieren
- Ana und ihre Kolleg*innen wusstet nicht, ob dies nun der richtige Weg ist. Und dennoch: „Wir haben gesagt: Das klingt gut, lasst uns ausprobieren, ob es klappt. Wenn nicht, dann probieren wir etwas anderes aus. Das war eigentlich schon immer unser Modus Operandi.“
- Akquise ist für später
- „Seit dem Visions-Treffen wussten wir, wen wir als Kund*innen haben wollen”, sagt Ana. Sie haben ihre Zielgruppe definiert und einzelne Personen daraus angesprochen. Klar kommt da nicht schnell etwas zurück. Doch manche dieser Kontakte gehen vielleicht sehr viel später auf. „Jetzt wissen wir, wie das funktioniert: Akquise ist für später, fürs nächste Jahr.“
- Das Netzwerk als Netz
- Laut Ana ist die Branche Animation in Deutschland relativ klein. „Da müssen alle miteinander klarkommen. Deshalb gehen wir auf Festivals oder auf Animations-Picknicks. Wir brauchen einander, dadurch passiert auch etwas.“ Doch entsteht daraus auch Geschäft? „Am Anfang haben wir einfach nur Freund*innen gefunden. Wir haben viele Menschen angeschrieben und getroffen. Dann kam Corona. Man konnte sich nicht mehr treffen, aber wir hatte ja schon einige kennengelernt und mit ihnen gearbeitet. Das war wichtig. Denn wenn wir uns in Projekte gegenseitig einbeziehen, ist das gut für alle.“
- Gelernt in einem anstrengenden Jahr?
- Das erste Corona-Jahr war für Ana und die anderen in monstöös ohne Zweifel sehr anstrengend. Doch kann man daraus etwas lernen? „Vielleicht ist an dem doofen Kalenderspruch etwas dran: In jeder Krise steckt auch eine Chance“, reflektiert Ana. „Aber es fühlt sich unterwegs manchmal auch wirklich beschissen an. Man muss auch Entscheidungen treffen. Wenn wir das nicht getan hätten, dann wäre wahrscheinlich jeder von uns seine Wege gegangen.“ Doch was wäre, wenn jetzt eine ganz andere Krise kommt? „Wahrscheinlich wären wir schneller, ins Entscheiden und Handeln zu kommen.“
- Und heute?
- Das größte Problem von monströös ist heute ein ganz anderes als zu Beginn von Corona: enorm viel Arbeit. „Wir waren wegen mehrerer Projekte im Gespräch und dann hat einfach alles geklappt.“ Das gibt natürlich die Chance, zu wachsen. Die Firma hat deswegen aufgestockt. „Wir haben jetzt auch noch einen Praktikanten und noch jemanden Neuen, sind also tatsächlich auch schon neun. Zum ersten Mal seit unserer Gründung haben wir für die nächsten sechs Monate voll zu tun.“ Demnächst steht wieder ein Visions-Treffen an. Ana zeigt sich zuversichtlich: „Das wird wieder ganz anders!“