Prinzipien für Resilienz
Du stehst vor einer unternehmerischen Herausforderung und fragst dich, was nun? Erlebst eine Krise und weißt nicht, wie du sie bewältigen kannst? Würdest jetzt alles tun, wenn du nur wüsstest, weißt aber nicht was? Vielleicht helfen dir die folgenden Prinzipien weiter. Sie sind aus der Entrepreneurship-Forschung (Stichwort: Effectuation) abgeleitet, die beschreibt, wie unternehmerisches Gestalten unter Ungewissheit gelingen kann. Die Prinzipien finden sich aber auch in den Storys von Kreativunternehmer*innen auf dieser Plattform wieder.
Es geht für dich nicht darum, alle Prinzipien wie in einem Kochrezept abzuarbeiten. Lies sie dir stattdessen durch und lass’ dich von ihnen inspirieren. Du wirst feststellen, dass manche von ihnen das Gegenteil von dem empfehlen, was in stabilen und planbaren Situationen professionell und richtig ist. Die Chancen stehen also gut, dass du beim Durchlesen auf neue Ideen kommst, wie du mit der aktuell unsicheren Situation gut umgehen kannst.
- Verzichte auf Vorhersagen
- In stabilen Zeiten wissen wir meist ausreichend gut, was auf uns zukommt und was wir tun müssen, um gut über die Runden zu kommen. In Krisen sieht das anders aus. Wenn du also feststellst, dass Planen jetzt nicht gut funktioniert, dann versuche erst gar nicht, die Zukunft vorherzusagen.
- Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt
- Eine Krise erleben wir immer dann, wenn etwas unsere Pläne über den Haufen wirft – je mehr wir am Plan hängen, desto schlimmer die Krise. Konzentriere dich stattdessen auf das Hier und Jetzt und fahre auf Sicht. Löse das dringendste Problem vor deinen Augen oder ergreife eine neue Gelegenheit, die sich gerade ergibt.
- Denke vom Verfügbaren her
- Mach dir bewusst, wer du bist, was dir wichtig ist, was du alles weißt und kannst und wen du kennst. Kläre auch, was dir sonst noch an Ressourcen (Zeit, finanzielle Mittel, Ideen, Kundenbeziehungen, Räume, Gegenstände, …) zur Verfügung steht. Schreibe am besten alles auf, was dir jetzt in irgendeiner Form helfen könnte. All das sind die Zutaten, die du nutzen kannst, um die Zukunft zu gestalten. Welche neuen Möglichkeiten kannst du daraus basteln?
- Begrenze die Fallhöhe
- Achte darauf, was für dich auf dem Spiel steht. Setze nicht alles auf eine Karte oder geh halsbrecherische Risiken ein. Scheitern verliert seinen Schrecken, wenn du dem schlimmsten Fall ausmalen kannst und sagen kannst: „Na und? Dann probiere ich eben etwas anderes.”
- Standbein und Spielbein
- Überlege, was jetzt dein Standbein sein kann: Was kann dich so weit absichern, dass du die Krise gut und ohne existenzielle Sorgen überstehst? Das Standbein kann etwa ein langweiliger, aber bezahlter und krisenfester Job sein. Überlege aber auch, was dein Spielbein ist: Was liegt dir am Herzen? Wo leistest du als Kreative*r deinen besonderen Beitrag? Verlagere deinen Schwerpunkt nach Bedarf aber nutze – auch in der Krise – beide Beine.
- Blicke zurück zu “Wer bin ich?”
- Manchmal ist es wie im Sprichwort: In Krisen können Chancen stecken. Nimm dir die Zeit zu fragen: Was mache ich und was möchte ich machen? Was treibt mich an und was ist mir dabei besonders wichtig? Was habe ich früher getan und was davon ist mir wichtig? Und was tue ich heute? Das schärft deinen Fokus: Kläre, was du in Zukunft weglassen möchtest und was du stattdessen (wieder/mehr) machen möchtest.
- Einladungen an das Netzwerk
- Setzte auf Co-Kreation. Mache dazu eine Liste von all den Personen aus deinem Netzwerk, die bei Krisenbewältigung helfen können: Kooperationspartner*innen, Kolleg*innen, Kund*innen, Interessenten, Expert*innen in deinem Umfeld, Menschen aus der Politik oder aus Institutionen. Wähle aus, wen du ansprechen möchtest. Sprich eine Einladungen aus: Was würdest du an meiner Stelle tun? Was könntest du beitragen? Was muss sein, damit du etwas beiträgst? Dazu braucht es keinen fertigen Plan, nicht einmal eine fertige Idee.
- Nutze Zufälle
- Post-It gibt es nur, weil eine neue Kleber-Entwicklung gescheitert ist (der Kleber hat nicht gehaftet). Das beweist: Wenn etwas unsere Pläne durchkreuzt, dann erleben wir nicht nur negative Auswirkungen, wir können die neuen Umstände auch für Positives nutzen. Oft stecken gerade im Unerwarteten Impulse für etwas Neues und Wertvolles. Welche Chance könnte in deiner aktuellen Herausforderung stecken? Was wird vielleicht überhaupt erst durch die geänderten Umstände möglich? Welche neuen Zielvorstellungen bieten sich dir gerade jetzt an?
- Gehe rasch ins Handeln
- Du grübelst darüber, was gerade das wirklich Richtige wäre? Steckst fest in was-wäre-wenn-Überlegungen? Wenn dich Nachdenken gerade nicht weiterbringt, dann gehe stattdessen ins Handeln. Überlege, was du jetzt tun kannst, um etwas zu erkunden, zu testen, zu probieren. Während du handelst hast du außerdem weniger Zeit, dir Sorgen zu machen.
- Starte Schnellboote (und keine Tanker)
- Du hast Ansatzpunkte, Ideen, Gestaltungsspielräume entdeckt? Siehst Möglichkeiten, dein Angebot zu verändern oder zu erweitern? Krise ist die Zeit, in der du eher Schnellboote loszuschicken solltest statt Tanker: Schnellboote sind Initiativen, um etwas neues auszuprobieren. Ein Schnellboot kann zur Erkundung eingesetzt werden. Es ist wendig, kann unterwegs die Richtung ändern und sogar umkehren ohne Schaden zu verursachen, wenn sich kein Erfolg einstellt. So kannst du in kürzerer Zeit mehrere Optionen ausprobieren und rasch lernen, welche funktioniert.
- Arbeite ergebnisoffen
- Wenn du nun auf Erkundung gehst, dann kannst du noch nicht wissen, was genau du entdecken wirst. Und das ist gut so. Solange nicht absolut sicher ist, wohin genau die Reise geht, arbeite “ergebnisoffen”: Bleibe neugierig und versuche erst gar nicht, das Ergebnis vorherzusagen. Unternehmerisch gestalten ist wie Kunst schaffen: Bei Kunst (im Unterschied zum Handwerk) weiß man am Anfang auch nicht, was genau am Ende dabei herauskommt. Plane die jeweils nächsten Schritte und arbeite mit dem, was du dabei Neues lernst.
- Lass Ambivalenzen stehen
- Du schwankst zwischen mehreren Optionen? Tue anfangs Dinge, die deine Möglichkeiten eher erweitern als einengen. Verschiebe Entscheidungen auf später. Erst wenn du genau weißt, was in Zukunft für dich funktioniert, ist es sinnvoll, alle anderen Optionen auszuschließen.
- Schaffe Transparenz und Sicherheit
- Wenn du Mitarbeitende beschäftigst und damit auch Verantwortung für andere trägst, dann ist in der Krise die Kommunikation besonders wichtig. Sei dabei so offen wie möglich. Was weißt du (noch nicht)? Wie denkst du über die unmittelbare Zukunft? Achte auf das Feedback und die Ideen, die du zurückbekommst. Wenn du vieles noch nicht weißt, dann kommuniziere stattdessen was die nächsten Schritte sind. Je unsicherer die Lage, desto wichtiger ist regelmäßiger Austausch.
- Sorge für deinen Ausgleich
- Was tust du, das dir gut tut? Gerade wenn du dich mit Herausforderungen und Ungewissheiten herum schlägst, brauchst du Ressourcen. Auch wenn du gerade wenig Zeit hast: Plane konsequent Zeit für die Dinge ein, die dir Energie geben. Das kann Sport und Bewegung sein, Austausch mit Freund*innen, Zeit zum Nachdenken mit dir allein. Wichtig ist, dass du zwischendurch den Kopf frei bekommst, damit du dich danach wieder voll auf die Herausforderungen konzentrieren kannst.