Interview
Felix Nolze
Felix Nolze: rotes pferd GmbH
„Wir haben jetzt gerade wieder einen Auftrag im sechsstelligen Bereich für eine wandfüllende Kugelbahn bekommen“ freut sich Felix Nolze. Er und sein Partner Christian Eckelmann gestalten nun schon seit sieben Jahren außergewöhnliche Interaktiv-Exponate für Museen und Ausstellungen. Dass ihr Unternehmen „Rotes Pferd“ Exponate nicht nur entwickelt, sondern sie auch produzieren kann, ist für viele Kunden besonders wichtig. „Wir machen aber manchmal auch Interieur“ fügt Felix hinzu. „Derzeit zum Beispiel die Einrichtung für eine Steuerberatungskanzlei.“ Warum denn das? „Weil wir es können. Aber nicht, weil wir es suchen“ erklärt Felix. Geht das zusammen?
- Standbein und Spielbein
- „Den Auftrag aus der Steuerberatung haben wir angenommen, weil er uns Gestaltungsspielraum ließ und er gerade gut für den Cashflow passte.“ Auch wenn das die Positionierung des Roten Pferdes nicht gerade schärft, sind Interieur-Aufträge ein wesentliches Element für das Krisenmanagement des Unternehmens. So haben sie ein festes Standbein. „Wenn man erst einmal an dem Punkt ist, wo man vieles kann, dann ist es eine Qualität. Wenn nun Kunden etwas Hochwertiges brauchen und nicht wissen, wohin sie damit gehen sollen, dann kommen sie zu uns.“ erklärt Felix. „Unsere Spezialität liegt eigentlich darin, das Unmögliche möglich zu machen.“ und fügt hinzu: „Viele Aufträge lehnen wir aus Kapazitätsgründen ab.“ Trotz der vielen Anfragen: auf Vielfalt bei der Arbeit möchte Felix nicht verzichten. „Ich habe Schwierigkeiten auszuhalten, öfter das Gleiche zu machen. Und meinem Partner geht es ebenso. Wir sind eigentlich eher am Lernen interessiert. Das ist letztlich Wachstum.“
- Ansatz „Mit leichter Hand“
- „Wir wählen Aufträge nach drei Kriterien aus: Geld, Bock und gestalterische Raffinesse.“ Zwei der drei Kriterien müssen erfüllt sein. Mit dieser Maxime fahren die Kreativen ziemlich gut: „Wir verdienen Geld, es macht uns Spaß oder wir werden klüger dadurch.“ Felix nennt diesen Ansatz „Mit leichter Hand“. Gerade hat er eine Anfrage auf dem Tisch, in der eine Konstruktion nur mit einem Binnenschiff transportiert werden kann. „Da denke ich mir: Dafür mache ich es!“ Das sei bezahltes Lernen.
- „Ich glaube an Beziehungen“
- Neben sechs festen Mitarbeiter*innen beschäftigt das rote Pferd eine wechselnde Anzahl an freien Mitarbeitenden mit jeweils ebenfalls sehr speziellen Qualifikationen. Aber kriegt man passende Spezialist*innen denn überhaupt in Zeiten des Fachkräftemangels? „Das sind ja alles Menschen. Und je nachdem, wie ich mit ihnen einmal umgegangen bin, so bekomme ich das dann auch zurück, wenn ich etwas brauche.“ Felix ist überzeugt: Wenn er schnelle Unterstützung von einer Person bekommt, die eigentlich ausgebucht ist, dann nur deshalb, weil er das Verhältnis die Jahre davor gut gepflegt hat. Die Kontaktpflege zahlt sich nicht nur bei den Mitarbeitenden aus, sondern auch bei den Kund*innen: Über 90% der Aufträge für das Rote Pferd kommen aus dem Netzwerk und über Empfehlung. „Wenn Menschen finden, dass sie gerne mit uns arbeiten, dann findet unsere Beauftragung manchmal auch einen Weg, obwohl wir nicht die Billigsten sind.“
- Cashflow aus der Reserve
- Felix beschreibt das Geschäftsmodell des Roten Pferdes als wenig anfällig, weil extrem flexibel: „Wir können beliebig variieren, ob wir für Veranstaltungen, Ausstellungen oder eben für private Innenräume bauen.” Trotzdem lief es in den ersten Monaten der Pandemie plötzlich anders: Alle der klassischen Auftraggeber aus der Museums- und Ausstellungsbranche waren verunsichert. Projekte und Entscheidungen wurden über Monate verschleppt. Laufende Aufträge hatten plötzlich überbordende Betreuungsaufwände. „Da haben wir kurzfristig den Cashflow aus unserer Reserve ausgeglichen“. Mittelfristig war hilfreich, dass das Unternehmen den Fokus seiner Produktion steuern kann: Von Gegenständen für Ausstellungen hin zu Einrichtungen von Firmen – oder andersrum. Auch dass die Einnahmen sowohl aus öffentlichen Töpfen als auch aus der freien Wirtschaft und privaten Brieftaschen kommen, trägt zur Krisensicherheit bei. So ist das Rote Pferd nicht nur auf die Wirtschaft angewiesen – oder nur auf den Staat: „Da wissen wir eben nicht, ob unseren Kund*innen die Fördergelder nächstes Jahr genauso zur Verfügung gestellt werden wie in den Corona-Jahren. Müssen wir aber auch nicht.“
- Neue Risiken und neue Arten damit umzugehen
- „Wir lernen gerade, wie wir damit umgehen, dass Rohstoffpreise stark schwanken”, sagt Felix. Besonders für Unternehmen, die selber produzieren, können sich erhöhende Materialkosten aber zu einem Problem werden. Wenn ein Holztisch bestellt wird und zwei Monate später der Preis für Holz stark gestiegen ist, wird das Geschäft weniger rentabel. „Bisher haben wir Preissteigerungen noch nicht an Kunden durchreichen müssen. Aber die Frage ist, wie bringe ich jemand dazu, bei uns zu kaufen, wenn wir das Risiko steigender Rohstoffpreise weiterreichen?“ Gerade wollte ein Kunde sich darauf nicht einlassen und bestand auf ein belastbares Angebot. „Wir sind das diesmal eingegangen, aber es fühlt sich nicht gut an.“ sagt Felix. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre ist ihm nochmals klarer geworden, dass man mit einem Polster besser schläft: „Die gemietete Halle, die wir vor einiger Zeit ausgebaut haben, haben wir mit Privatkredit bezahlt, der jetzt so gut wie abgezahlt ist. Jetzt müssen wir uns tatsächlich wieder einen Puffer aufbauen.“